Präzisionsklassen von Kugellagern: Unterschiede zwischen Metall- und Kunststofflagern
Die Präzision eines Kugellagers wird im Allgemeinen in zwei Hauptkategorien unterteilt: Maßgenauigkeit und Laufgenauigkeit.
● Maßgenauigkeit
Dies bezieht sich auf die Präzision im stationären Zustand.
Sie umfasst die zulässigen Abweichungen (Toleranzen) für Maße wie Außendurchmesser, Innendurchmesser, Breite, Fasen (R) und weitere Abmessungen.
● Laufgenauigkeit
Dies bezieht sich auf die Präzision während des Betriebs.
Sie umfasst die zulässigen Abweichungen (Toleranzen) des radialen und axialen Rundlaufs der Innen- und Außenringe während der Rotation.
(Radial = senkrecht zur Welle / Axial = parallel zur Welle)
Jede dieser Kategorien beinhaltet verschiedene spezifische Kriterien mit klar definierten Toleranzbereichen, die in Präzisionsklassen eingeteilt werden. Diese Klassen sind international standardisiert, sodass man die Präzision eines Lagers auch beim Vergleich von Produkten unterschiedlicher Hersteller nachvollziehen kann.
● Über Kugellager-Standards
Die Präzisionsklassen von Kugellagern sind unter anderem durch folgende Normen definiert: JIS (JIS B 1514) in Japan, ISO (international), DIN (Deutschland) und ABEC (USA). Die US-amerikanischen Normen haben leicht abweichende Toleranzwerte, sind jedoch im Wesentlichen vergleichbar.
In Japan ist JIS der am häufigsten verwendete Standard.
● JIS-Klassen für Kugellager
Die JIS-Klassen umfassen: Klasse 0, 6, 5, 4 und 2 – wobei Klasse 0 die am wenigsten strenge und Klasse 2 die präziseste ist.
Wird ein Metallkugellager ohne Angabe einer Präzisionsklasse bestellt, so wird in der Regel Klasse 0 (Standardklasse) geliefert. Dies bedeutet jedoch keinesfalls eine „grobe“ Toleranz – auch Klasse 0 steht für sehr hohe Präzision.
Sehen wir uns ein praktisches Beispiel zur Maßgenauigkeit an:
■ Beispiel: Rillenkugellager #6005 (Nennmaße: Außendurchmesser 47 mm / Innendurchmesser 25 mm / Breite 12 mm)
● Toleranzen Klasse 0:
- Außendurchmesser: 0 bis −11 µm
- Innendurchmesser: 0 bis −10 µm
Umgerechnet in Millimeter bedeutet dies:
- Außendurchmesser: 47,000 mm bis 46,989 mm
- Innendurchmesser: 25,000 mm bis 24,990 mm
Dies verdeutlicht, wie eng die Maßtoleranzen sind – zusätzlich zu den vorgegebenen Werten für radialen und axialen Rundlauf von Innen- und Außenringen.
Für Personen mit Erfahrung in der Metallbearbeitung mag dies normal erscheinen – doch eine solche Präzision in der Serienfertigung zu erreichen, ist äußerst bemerkenswert.
● Toleranzen Klasse 2 (höchste Präzision):
- Außendurchmesser: 0 bis −4 µm
- Innendurchmesser: 0 bis −2,5 µm
Umgerechnet:
- Außendurchmesser: 47,000 mm bis 46,996 mm
- Innendurchmesser: 25,000 mm bis 24,9975 mm
In dieser Präzisionsklasse wird das Lager mit einer Rundheit gefertigt, die zu den höchsten weltweit zählt.
Klassen 2 und 4 werden in der Regel in Spindeln von Werkzeugmaschinen oder in anderen Anwendungen eingesetzt, die hohe Drehzahlen und minimalen Rundlauf erfordern.
Um diese Präzision jedoch voll auszuschöpfen, müssen auch die umliegenden Bauteile – wie Wellen und Gehäuse – mit sehr engen Toleranzen gefertigt werden. Zusätzlich können aufgrund der Möglichkeit einer militärischen Nutzung Exportbeschränkungen (z. B. ITAR) gelten.
Daher ist für die meisten allgemeinen Industrieanwendungen Klasse 0 völlig ausreichend.
■ Präzision bei Kunststoffkugellagern
Nachdem wir das Klassifizierungssystem für Metallkugellager erklärt haben, betrachten wir nun Kunststoffkugellager.
Wir werden häufig gefragt:
„Welche Präzisionsklasse haben Ihre Kunststoffkugellager? Sind das Standardlager?“
Unsere Antwort lautet in der Regel:
„Leider können sie nicht nach dem herkömmlichen Klassensystem eingestuft werden.“
Kunststofflager passen nicht in die Toleranzbereiche, die für Metalllager definiert sind – und das liegt genau an ihrem Werkstoff. Sie werden oft bewusst außerhalb dieser Klassen gefertigt, abhängig von den Materialeigenschaften.
Warum Kunststofflager nicht wie Metalllager klassifiziert werden können
Der Hauptgrund liegt in den Materialeigenschaften von Kunststoffen.
Kunststoffe haben im Vergleich zu Metallen deutlich andere Wärmeausdehnungskoeffizienten und Wasseraufnahme-Raten.
Selbst wenn ein Kunststofflager bei der Herstellung die Toleranzen einer Klasse 0 erfüllt, verändern sich die Abmessungen im Laufe der Zeit durch Temperatur- und Feuchtigkeitseinflüsse und liegen dann außerhalb der engen Toleranzbereiche von Metalllagern.
Beispiele für Wärmeausdehnungskoeffizienten (pro °C):
- SUJ2-Stahl (Standard für Metalllager): 12 × 10⁻⁶
- UHMW-Polyethylen: 10–19 × 10⁻⁵
- POM: 10 × 10⁻⁵
- PPS: 5 × 10⁻⁵
Man erkennt, dass Kunststoffe bei Temperaturänderungen wesentlich stärkere Längenänderungen aufweisen. Hinzu kommt, dass viele Kunststoffe Feuchtigkeit aufnehmen, was die Maße zusätzlich verändert.
Bewusste Abweichung von Präzisionsklassen
Ein weiterer Grund, warum Kunststofflager nicht klassifiziert werden, ist die gezielte Auslegung.
Ein Lager besteht aus einem Innenring, einem Außenring und den dazwischenliegenden Kugeln. Zwischen diesen Bauteilen gibt es ein sehr geringes Spiel, das als Lagerspiel (engl. internal clearance) bezeichnet wird.
Um die Präzision zu erhöhen, müssten Maß- und Laufgenauigkeit verbessert werden, was automatisch das Lagerspiel verringert.
Da Kunststofflager jedoch empfindlicher auf Umwelteinflüsse reagieren (z. B. Temperatur, Feuchtigkeit, Eigenerwärmung bei Rotation), kann ein zu geringes Spiel zu Blockierungen oder schlechter Rotation führen.
Deshalb fertigen wir bei Kashima Bearings unsere Kunststofflager mit unterschiedlichen Lagerspielen – je nach Material:
Ca. 50 µm für PEEK und PPS
Ca. 200 µm für UHMWPE
Rangliste der Maßstabilität gängiger Kunststoffmaterialien
Von höchster zu geringster Maßstabilität:
Carbon > PPS > PEEK > PET > POM > Phenolharz > PP > gefülltes PTFE > UHMWPE > PTFE
(Hinweis: Die Reihenfolge kann je nach Einsatzumgebung variieren)
Fazit
Kunststofflager können nicht wie Metalllager einer standardisierten Präzisionsklasse zugeordnet werden.
Ihre Leistungsfähigkeit hängt nicht von engen Toleranzen, sondern von einer sorgfältigen Materialauswahl und einer auf die jeweilige Einsatzumgebung angepassten Konstruktion ab.